Akzeptanz und Vertrauen verdienen: Ein Interview, zwei Generationen

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Westernohe, Juli 2023

Fragen an die jetzige Geschäftsführung, Wolfgang Zoth und Martina Zoth-Opolka:

Wann haben Sie sich zum ersten Mal mit der Frage beschäftigt, wie es nach Ihnen mit dem Unternehmen weitergehen wird?

Der Gedanke an die Übergabe kam auf, als wir das Interesse unserer Kinder für das Unternehmen feststellen konnten. Die intensivere Auseinandersetzung mit der Nachfolge besteht seit rund drei Jahren, nachdem unsere Töchter, Sophie Opolka-Mittler und Antonia Zoth, ihr Studium im Human Ressource Management und im Wirtschaftsingenieurwesen erfolgreich abgeschlossen hatten und signalisierten, dass sie gern in das Familienunternehmen einsteigen möchten.

Hatten Sie diesbezügliche Erwartung an Ihre Kinder?

Erwartungen gab es nicht. Sie sollten sich aus freien Stücken für das Unternehmen begeistern, sonst ist das nicht der richtige Weg. Für uns war es wichtig, dass unseren Kinder die Chance, das Familienunternehmen weiter zu führen, bewusst ist – aber ohne Druck. Wären sie in einen ganz anderen Bereich gegangen, wäre das auch völlig in Ordnung gewesen. Dennoch freuen wir uns natürlich über das Interesse am Unternehmen.  

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die nächste Generation?

Die größte − auch langfristige − Herausforderung ist sicher der Fachkräftemangel. Es ist schon jetzt sehr schwierig, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden. Und dank des demografischen Wandels wird das vermutlich nicht einfacher werden. Umso wichtiger sind unsere Überlegungen, wie wir junge Leute begeistern und in unserem Team halten können. Außerdem ist das Thema Digitalisierung weiterhin ein wesentlicher Treiber. Bisher sind wir sehr gut aufgestellt und haben gerade erst ein neues Fertigungssteuerungssystem in unserer Blechbearbeitung eingeführt. Das Softwaresystem überwacht, dokumentiert und steuert den gesamten Prozess der Produktion vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt in Echtzeit, verbessert so die Qualitätskontrolle und vermeidet unnötigen Abfall, Ausschuss und zu hohe Bestände. Technologieoffenheit und Agilität werden auch in Zukunft wahnsinnig wichtig sein. Gerade auch mit Blick auf die Veränderungen durch KI.

Wäre auch eine Nachfolge außerhalb der Familie denkbar gewesen?

Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir uns diese Frage bisher nicht stellen mussten. Andernfalls hätten wir offen über alle Alternativen nachdenken und gemeinsam entscheiden müssen, was für das Unternehmen und vor allem für unsere Belegschaft das Beste gewesen wäre.

Läuft der Übergabeprozess nach Ihren Vorstellungen ab?

Der Generationenwechsel wurde gerade erst eingeleitet und ist noch nicht abgeschlossen. Wir sehen ihn als einen Prozess. Eine leitende Position kann man nicht von heute auf morgen antreten, man muss hineinwachsen. Dafür sollte genügend Zeit zur Verfügung stehen, um Strukturen, Abläufe und Menschen kennenzulernen und gegenseitiges Vertrauen im Unternehmen aufzubauen.

Vor der finalen Übergabe sollten sich alle Beteiligten in ihrer Entscheidung sicher und der Herausforderung bewusst sein. Die nötige Erfahrung dafür ergibt sich aus der mehrjährigen Begleitung des Alltagsgeschäfts.

Was wünschen Sie Ihren Nachfolgern?

Vor allem Zusammenhalt. Wir haben uns immer eine Doppelspitze gewünscht, es ist toll, wenn man sich gegenseitig fachlich ergänzen kann. Wichtig ist das Wissen, dass beide immer am selben Strang ziehen.

Fragen an die kommende Generation, Sophie Opolka-Mittler und Antonia Zoth

Wie erleben Sie den Übernahmeprozess?

Wir sind beide sehr froh, dass wir ausreichend gemeinsame Zeit haben, um von unseren Eltern viel lernen zu können. Wir wachsen gerade Schritt für Schritt in unsere Verantwortungsbereiche und erschließen uns dabei eigene Themenschwerpunkte. Ein Unternehmen zu führen braucht Erfahrung und Vertrauen – beides muss wachsen.

Bestand bei Ihnen schon immer der Wunsch, in die Firma einzusteigen?

Wir waren beide schon als Kinder häufig im Unternehmen. Viele Mitarbeitende kennen uns bereits unser ganzes Leben lang. Die Kombination aus den Schwerpunkten Wirtschaft und Technik und das Interesse an dem Familienunter-nehmen hat uns bei der Entscheidung geholfen, gemeinsam in das Unternehmen einzusteigen. Eine Doppelspitze, die beide Kompetenzbereiche abbildet und ergänzt, war uns wichtig.

Wo sehen Sie persönliche Herausforderungen?

Da wir beide noch relativ jung sind und als Frauen in eine doch eher männlich geprägte Branche einsteigen, liegt eine Herausforderung sicher darin, sich die Akzeptanz und das Vertrauen unseres Teams zu verdienen. Wir hoffen sehr, dass uns das gelingen wird und dass wir das Unternehmen mit unserem Team gemeinsam erfolgreich in die Zukunft führen.

 

Originalquelle: Gudrun Heurich, Rhein-Zeitung/Wirtschaft 03/2023